Wie kommt meinArtikel in die Zeitung?
Ich bin Anfänger, kann ganz gut schreiben und fühle mich
berufen, Berichte für den Lokalteil der Zeitung zu verfassen! Was tun?
Einfach los schreiben funktioniert leider nicht.
Um einen manierlichen Artikel in die Zeitung zu bekommen,
muss ich kein Studium absolviert haben. Basis-Voraussetzungen sind aber
- Sprachgefühl
- Verständnis für die Materie, über die man schreibt
- unbändige Neugier
- hartnäckiger Forschergeist
- Fähigkeit, sich in andere Menschen zu versetzen
- Lust am analytischen Lesen
Kontakt zur jeweiligen Lokalredaktion brauche ich natürlich
auch, aber das ist die geringste Hürde, wenn ich die anderen Voraussetzungen
erfülle.
Sprachgefühl
Eine gewisse Sprachbegabung muss ein Journalist mitbringen,
aber das Talent allein reicht nicht aus. Sprachgefühl entwickelt sich beim bewussten
lesen, bewussten zuhören und bewussten sprechen.
Verständnis für die Materie, über die ich schreibe
Ich muss verstehen, über was ich schreibe. Das ist nicht so
selbstverständlich, wie es sich anhört. Selbst Profis schreiben mitunter über
Dinge, von denen sie zu wenig verstehen. Sie müssen sich dann zu sehr auf
Erklärungen und Interpretationen von Experten verlassen und geben auf diese
Weise ihre Unabhängigkeit auf. Wenn ich beispielsweise über Haushaltsberatungen
schreibe, muss ich wissen, wie ein Haushalt aufgestellt wird.
Unbändige Neugierde
Neugierde ist nicht gleich Neugierde. Die Neugierde der
Gerüchte verbreitenden Klatschtante reicht nicht aus. Was zählt, ist eine
radikale Offenheit für alles Neue, Unverständliche und Zweifelhafte, aber auch
die Fähigkeit, Allzubekanntes und Immerwiederkehrendes grundsätzlich zu
hinterfragen.
Hartnäckige Recherche
Die allumfassende Neugierde ist der große Topf, aus dem der
Journalist schöpft, aber ein Zeitungsartikel braucht ein klar umrissenes Thema,
ein Recherche-Ziel. Dieses Ziel muss der Journalist hartnäckig verfolgen, auch
gegen den Widerstand potenzieller Informanten. Konkret bedeutet das: Zur
Recherche gehören auch unbequeme Fragen!
Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen
Jede Aussage hat mehrere Ebenen. Zum einen gibt es die
Kernaussage. Der Absender der Aussage, ob gesprochen oder geschrieben, verfolgt
aber auch immer bewusst oder unbewusst einen Zweck, den ich als Journalist erkennen
muss. Um den Text hinter dem Text (landläufig „Subtext“ genannt) zu verstehen,
muss ich in der Lage sein, mich in mein Gegenüber hineinzuversetzen.
Lust am analytischen Lesen
Üben macht den Meister – das gilt auch im Journalismus. Das
bedeutet zum einen, immer wieder nach der besten Formulierung zu suchen. Das
bedeutet aber auch permanentes Training: Wer nicht bereit ist, täglich Zeitung
zu lesen, ist für die Mühen des Journalistenalltags ungeeignet. Dabei sollte
sich gerade der Neuling intensiv mit fremden Nachrichtentexten befassen: Wie
steigt der Journalist in den Text ein, wie endet der Text? Welche Satzformen und
welche Zeitformen benutzt er? Welche Verben verwendet er?
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